Was nützt unserer Region? Es wäre so schön, wenn die Autobahnbefürworter sich mit den Fakten beschäftigen würden, statt immer wieder die alte Leier vom angeblichen Nutzen einer Autobahn zu singen, wie es Joachim Delekat aus Uelzen in seiner Antwort auf Reinhard Meyers Leserbrief (siehe unten) tut. Er wirft Reinhard Meyer vor, er würde die Fakten ignorieren. Dabei beruhen die Aussagen auf nachprüfbaren Informationen aus den Planungsunterlagen der Straßenbaubehörde und Antworten der Bundesregierung. Während Delekat nichts anführen kann als sein "Glaubensbekenntnis":

Die Rede ist von einer Wahlkampfautobahn, die unbewiesene Behauptung, es handele sich lediglich um eine Transferautobahn, der vermeintlich unwirtschaftliche Kostenfaktor usw. Dann wird Befürwortern Autobahnpropaganda unterstellt...Fakt ist, dass die Bevölkerungs- bzw. Beschäftigtenprognose für den Landkreis Uelzen eher düster aussieht. Den Regionen Hamburg/Lüneburg und Wolfsburg wird hingegen bezüglich der Bevölkerungsprognose höchste Dynamik bescheinigt. Da liegt es doch auf der Hand, dass der Lückenschluss der A 39 zwischen diesen prosperierenden Regionen Hamburg und Wolfsburg als Zukunftsprojekt und riesige Chance für den gesamten Landkreis gesehen werden muss.

der Leserbrief von Delekat auf der Seite der AZ

"Auf der Hand liegt" - gar nichts, weil eine Autobahn nun mal einer strukturschwachen Region kein Wachstum mehr bringt, sondern diese sogar noch zuweilen unter dem sogenannten Staubsauger-Effekt leidet, wie alle unabhängigen verkehrswissenschaflichen Gutachten der vergangenen Jahre zeigen. Glaubt im Ernst jemand, es reicht für Lokalpolitiker, eine Autobahn zu fordern, um dem demografischen Wandel zu begegnen? Etwas mehr Phantasie und Engagement braucht es schon.

Doch zurück zum Leserbrief. Auf diesen haben 2 Leser mit Kommentaren geantwortet, darunter BI-Sprecher Wolfgang Schneider.

Da diese Kommentare zwar auf der AZ-Seite registriert sind, aber auf mysteriöse Weise immer wieder dort verschwinden, haben wir sie hier zum Nachlesen in voller Länge dokumentiert:

bunting03.07.2015, 11:02

Lieber Herr Delekat,
was versprechen Sie sich eigentlich von Ihren Beschimpfungen? Wenn der geplante A-39-Neubau nicht mehr ausgeführt wird, dann liegt es einfach an der Tatsache, dass sich dieses Projekt noch niemals gerechnet hat!
Wenn Ihre genannten Argumente wissenschaftlich nachweisbar wären, dann hätte dieses Projekt keine so schlechte Bewertung bekommen. Letztendlich ist die Entscheidung ein ganz normaler demokratischer Prozess. Der Ausbau der B4 mit Umgehungsstraßen wird wohl das Maximum sein, was wir von der Bundesregierung bekommen werden.
Herunterbeten von Dogmen oder gegenseitige Beschimpfungen helfen unserer Region jedenfalls überhaupt nicht weiter!

WoSch02.07.2015, 10:49

Herr Delekat ist ein Scherzkeks. Er hat der AZ zur Unzeit einen Aprilscherz eingereicht. Aber da die AZ Spaß versteht, hat sie ihn gedruckt.

Nein, im Ernst: Können Sie in Delekats Einwurf irgendein faktengestütztes Argument erkennen? Es gibt nämlich keins, es gibt nur allerlei Geraune und etwas, das allenfalls von weitem wie ein Argument aussieht. Tatsächlich sagt die aktuelle Prognose zur Bevölkerungsentwicklung für Niedersachsen bis zum Jahr 2035 einen durchschnittlichen Rückgang von 5 Prozent voraus; in manchen Regionen wird er stärker, in manchen schwächer ausfallen. Dieser Rückgang ist, anders als Herr Delekat zu glauben scheint, nicht mehr umkehrbar – durch keine Verkehrsinfrastrukturmaßnahme in welcher Gegend auch immer. Hier liegt Delekats (Selbst-)Täuschung: Die Annahme, der Bau einer Autobahn durch den Landkreis sei für diesen Landkreis ein „Zukunftsprojekt" und eine „riesige Chance" für seine wirtschaftliche Entwicklung, ist haltlos. Seit 30 Jahren lässt sich, obwohl es immer wieder versucht wurde, ein Zusammenhang zwischen dem Bau einer Autobahn und der wirtschaftlichen Entwicklung der Region, durch die sie führt, nicht mehr nachweisen. Zuletzt hat Prof. Gather vom verkehrswissenschaftlichen Institut der Fachhochschule Erfurt im Jahr 2013 einen solchen Versuch unternommen. Er hat die Effekte von fünf nach 1990 in Deutschland gebauten bzw. fertiggestellten Autobahnen untersucht und bestätigt gefunden, was die Experten seit den 80er Jahren immer wieder betonen: Es gibt im verkehrsinfrastrukturell sehr gut erschlossenen Deutschland die von den Autobahnbefürwortern behaupteten positiven Effekte einer solchen Baumaßnahme nicht (mehr). Gathers Studie heißt „Analyse der regionalwirtschaftlichen Effekte des Fernstraßenbaus anhand ausgewählter Autobahnprojekte". Sie ist im Internet unschwer zu finden. Ist es wirklich von den Autobahnbefürwortern zuviel verlangt, durch Lektüre einer solchen Studie sich kundig zu machen, statt sich, nunja: ahnungslos zu äußern?

Aber Herr Delekat ist ein SPD-Politiker. Vielleicht hat er durch sein Schreiben nur deutlich machen wollen, dass seine Partei mangels politischer Phantasie auf absehbare Zeit nicht mehr auf die Beine kommen wird.

 

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