Tolle Nachrichten sind es ja nicht gerade, die uns da aus dem Tollhaus Berlin erreichen. Da sagt das Bundesumweltamt, 11 von 12 EberheartUmweltzielen werden mit dem Bundesverkehrswegeplan verfehlt. Der Spiegel rechnet vor, dass Milliarden fehlen. 40 000 Einwendungen machen auf Fehler und Unstimmigkeiten aufmerksam - interessiert die Ministerriege nicht. Der liebe Alexander darf sein Lieblingsspiel weiter spielen und Milliarden für Verkehrsprojekte hin und herschieben. Die Bürger werden schon nicht merken, wie ihr Geld verjuckelt wird, denkt er offenbar. Einzig die Grünen rufen "Stopp". Man könne doch so einen stümperhaften Plan nicht in der Form beschließen. Doch! Das Kabinett Merkel kann. Bürgerbeteiligung? Wer würde denn so etwas ernst nehmen und sich von tausenden Einwendern anders beinflussen lassen als noch einmal fünf Milliarden Euro mehr an Finanzvolumen draufzupacken?

Wie das große Verfahren zur Farce geriet, dazu empfehle ich die Lektüre der nachstehenden Pressemitteilung des Dachverbandes "Keine A 39"

Euer Eberheart

Presseerklärung des Dachverbands „Keine A 39" 31.7.2016

Öffentlichkeitsbeteiligung zum Bundesverkehrswegeplan entpuppt sich als Farce - Aufgedeckte Widersprüche und Fehler werden nicht korrigiert

Ein Feigenblatt für Klientelpolitik

Wie ernst nimmt der Bundesverkehrsminister die Einwände und Hinweise der Öffentlichkeit zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP)? Sie interessieren ihn nicht. Das ist die bittere Erkenntnis, die sich aus der Lektüre des soeben auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlichten Beteiligungsberichts zum BVWP ergibt. Das vom Bundesverkehrsminister gefeierte Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit an der Aufstellung des neuen BVWP entpuppt sich als Feigenblatt, mit dem verdeckt werden soll, dass Verkehrspolitik in Deutschland nach wie vor in erster Linie Klientelpolitik ist. Offenbar haben sich im Laufe des Öffentlichkeitsverfahrens auch etliche Industrie- und Handelskammern sowie Landes- und Bundespolitiker zu Wort gemeldet, die sich im Planentwurf nicht ausreichend berücksichtigt fanden. Denn nach Abschluss der Öffentlichkeitsbeteiligung ist das notwendige Finanzvolumen für den Bundesverkehrswegeplan bis zum Jahr 2030 um weitere 5,1 Milliarden auf 269,6 Milliarden Euro angeschwollen.

Auf der Strecke geblieben sind dagegen alle Argumente, die Umweltschutz, Klimaschutz, Kostenehrlichkeit und Transparenz betreffen. Denn es ist vollkommen klar, dass sich keine Behörde der Welt ernsthaft in nicht einmal drei Monaten mit 39.000 Stellungnahmen auseinandersetzen kann, von denen mehr als 20.000 beim Ministerium per Post eingegangen sind. Am 2. Mai endete die Öffentlichkeitsbeteiligung für den BVWP-Entwurf, und schon im Juli liegt ein fast 100 Seiten starker Auswertungsberichtbericht vor. Er kann nicht seriös sein. Denn die Bearbeiter hätten in dieser kurzen Zeit pro Tag nicht nur bis zu 700 Stellungnahmen erfassen und lesen, sondern auch, wie das Ministerium schreibt, „in einem mehrstufigen Prozess fachlich-inhaltlich" prüfen, auf Alternativen untersuchen und gegebenenfalls Korrekturen an ihren Plänen vornehmen müssen. Das ist unmöglich.

Der BVWB bleibt aus Umweltsicht eine Katastrophe

Es ist daher auch offensichtlich nicht geschehen. Der Beteiligungsbericht fasst nur grob die Einwände in Form pauschalisierender Überschriften zusammen, um sie dann mit ebenso pauschalen Aussagen zurückzuweisen. Am häufigsten liest man Satzbausteine wie: „wurde von externen Gutachtern erarbeitet", „Hinweise wurden geprüft", oder es wird auf Handbücher und gängige Verfahren verwiesen. Wo das alles nichts hilft, wie beim Versuch, unbestreitbare massive Umweltschäden in Naturschutzgebieten zu leugnen, begnügt sich das Ministerium mit einem Verweis auf die anstehenden Planfeststellungsverfahren der jeweiligen Projekte.

Die Umwelt- und Klimaziele der Bundesregierung sind bei so einer Verkehrsplanung nicht einzuhalten? Richtig. Aber laut Beteiligungsbericht muss das Verkehrsministerium deshalb an seinen Plänen nichts ändern. Es hätte ja auch noch schlimmer kommen können. Es interessiert die Verfasser nicht, dass das Bundesumweltamt, die Fachbehörde des Bundesumweltministeriums, festgestellt hat, dass der Entwurf zum Bundesverkehrswegeplan elf von zwölf selbstgesetzten Umweltzielen der Bundesregierung verfehlt. Für die Landwirtschaft wird es besonders herbe: Das offizielle Ziel, den Flächenverbrauch durch Überbauung zu reduzieren, wird ins Gegenteil verkehrt. Und was sagt das Bundesverkehrsministerium im Beteiligungsbericht dazu?: „Die reine Flächeninanspruchnahme wird als Kriterium für die Projektpriorisierung nicht für geeignet angesehen." In einfachen Worten: Es ist uns egal. So oder ähnlich wird auf 100 Seiten dargelegt, dass das Bundesverkehrsministerium immer Recht hat.

Fatale Folgen für das politische Klima im Land

Für die Bürgerinnen und Bürger besonders frustrierend: Auf keines ihrer oft mühsam erarbeiteten Argumente wird konkret eingegangen. Sie waren aufgefordert, innerhalb von sechs Wochen begründete Einwände abzugeben. Viele haben sich mit ungewohnten Gesetzestexten und Gutachten befasst, Begriffe für sich geklärt und mit viel Arbeit ihre Bedenken formuliert. Vergebene Liebesmüh. Das Bundesverkehrsministerium hat sich damit nicht auseinandergesetzt. So erzeugt man, statt eine Beteiligung an politischen Prozessen zu fördern, Überdruss an der Politik. Im Falle der A 39 bedeutet das Vorgehen des Ministeriums: Es bleibt alles unverändert. Fehler und Ungereimtheiten, die zur politisch gewollten Einstufung der Autobahn in den Vordringlichen Bedarf geführt haben, bleiben unkommentiert bestehen. (Zum besseren Verständnis: Obwohl, wie in den Unterlagen nachzulesen, die Experten des Ministeriums selbst anhand ihrer eigenen Kriterien zu dem Ergebnis gekommen sind, dass die sogenannte Raumwirksamkeit der geplanten Autobahn allenfalls „mittel" ist, wird sie in offenem Widerspruch dazu auch im „überarbeiteten" BVWP als „hoch" angegeben – mit Verweis auf den Güterverkehr, von dem es im Beteiligungsbericht aber unmissverständlich heißt, dass Angaben zur Raumwirksamkeit des Güterverkehrs in den BVWP 2030 noch keinen Eingang haben finden können. Allein die vermeintlich „hohe" Raumwirksamkeit des Projekts aber hat für die Planer seine Einstufung in den Vordringlichen Bedarf des BVWP überhaupt möglich gemacht.)

Es ist für die politische Kultur in diesem Land von Übel, dass Hinweise auf offensichtliche, nachweisbare Fehler eines Gesetzesvorhabens, in das der neue Bundesverkehrswegeplan ja münden soll, weder kommentiert werden noch Konsequenzen haben.

Die Aussichten für die A 39 haben sich nicht verbessert

Der Bundesverkehrswegeplan wurdevom Kabinett  verabschiedet. Er muss nun noch Bundestag und Bundesrat passieren. Entscheidend sind dann die Ausbaugesetze, die auf dem Plan fußen. Bei deren Erstellung werden die verschiedenen Bundesländer um die knappen Mittel für ihre Verkehrsprojekte kämpfen. Auch können Naturschutzverbände gegen diese Gesetzte dann klagen.

Für die A 39 hat sich nichts geändert. Sie steht im neuem wie im alten BVWP im allgemeinen Vordringlichen Bedarf. Noch immer ist noch kein einziger Bauabschnitt der A 39 planfestgestellt. Zu groß sind die Eingriffe in Umwelt- und Anwohnerrechte, zu gering ist ihr offiziell angenommener Nutzen, als dass Lösungen erkennbar wären. Der Dachverband „Keine A 39" wird weiter gegen dieses so überflüssige wie umweltzerstörerische Projekt und für die betroffenen Bürger kämpfen. Wenn es sein muss, auch mit Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.