Pressemitteilung vom 26. August 2016
BUND legt bei EU Beschwerde gegen Bundesverkehrswegeplan ein
Berlin/Brüssel: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat heute - vertreten durch die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB - gegen den Kabinettsbeschluss vom 3. August zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP) bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt. „Wie das Kabinett beim Bundesverkehrswegeplan vorgeht verstößt es gegen elementare Beteiligungsrechte. Deshalb streben wir ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland an“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Kern der Beschwerde ist die Verletzung der Rechte des Umweltverbandes im Rahmen einer zuvor durchgeführten sechswöchigen Öffentlichkeitsbeteiligung.
„Bei den rund 1300 Straßenprojekten des BVWP sind die EU-Vorgaben zur Strategischen Umweltprüfung nicht angewendet und Alternativen nicht geprüft worden. Damit wurde der Zweck dieser Umweltprüfung - die Untersuchung umweltfreundlicher Alternativen bereits auf der den einzelnen Projektgenehmigungen vorgelagerten Planungsebene - vollständig verfehlt. Eine transparente Beteiligung der Öffentlichkeit war offenbar nicht gewünscht. Das Bundesverkehrsministerium hat nur unfertige, intransparente Unterlagen über Auswirkungen der Verkehrsnetze bereitgestellt und politisch gewollte Verkehrsprojekte schöngerechnet“, kritisierte Weiger.
Der BUND stütze sich in seiner EU-Beschwerde auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die eine umfassende Alternativenprüfung vorschreibe und hohe Standards vor allem dann verlange, wenn die besonders geschützten NATURA-2000-Gebiete betroffen seien. Auch der zum BVWP gehörende Umweltbericht sei mangelhaft, weil vom Gesetz geforderte Maßnahmen fehlten, mit denen erhebliche Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden könnten. Außerdem lägen weder für Schienen- noch für Straßenbauvorhaben vollständige Netzplanungen vor. „Werden alle vom Kabinett beschlossenen Straßenprojekte realisiert, führt dies zu höheren CO2-Emissionen und in Ballungsräumen zur fortgesetzten Überschreitung der EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub. Man muss schon bis in das Jahr 1971 zurückgehen, um einen Fernstraßenplan zu finden, der sämtliche Umweltziele so dreist ignoriert wie Dobrindts Vorhaben“, sagte der BUND-Vorsitzende.
„Die über 50 von uns fristgerecht eingereichten alternativen Vorschläge zu Straßenneubauvorhaben würden bei ihrer Umsetzung rund 10 Milliarden Euro einsparen. Trotzdem wurde kein einziger davon ergebnisoffen geprüft. Dazu gehören Straßenum- bzw. -ausbauten anstatt Neubauten, Bahn- statt Straßenprojekte oder innerörtliche Verkehrslösungen statt Ortsumfahrungen. Die Prüfung sämtlicher Alternativen muss unverzüglich nachgeholt werden. Nur dann können Bundestag und Bundesrat auf einer inhaltlich und rechtlich ausreichenden Basis vernünftige Entscheidungen über die Verkehrsprojekte der nächsten Jahrzehnte treffen“, sagte Weiger.
Vorbildliche Beteiligungsverfahren bei Verkehrsplanungen gebe es bereits in Frankreich, Dänemark, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz. Bei umstrittenen Projekten sollte in Deutschland beispielsweise verstärkt an „Runden Tischen“ nach alternativen Lösungen gesucht werden. Um solche Prozesse zu koordinieren, forderte der BUND-Vorsitzende die Einrichtung einer unabhängigen Kommission auf Bundesebene.