AZ vom 22.08.13:

A-39-Gegner laden zur Podiumsdiskussion: Emotionen, viel Bekanntes und eine Menge Gutachten

 

Frische Kandidaten, alte Argumente

Hanstedt II. Geduldig hatte Heike Fiedler aus Kroetze gut zwei Stunden lang den Ausführungen der Politiker gelauscht, als ihr der Kragen platzte:

„Warum können Politiker auf klar formulierte Fragen eigentlich keine konkreten Antworten geben?“, machte Fiedler ihrem Unmut Luft und erhielt für den Wutbeitrag vom Moderator des Abends, ffn-Moderator Kai Raake, eine „Belobigung“: Es dürfe ruhig emotional zugehen, dass fehle ja im Bundestagswahlkampf gänzlich, meinte er. Dass der Dienstagabend im Gasthaus Meyer in Hanstedt II ohne Emotionen über die Bühne gehen würde, damit hatten weder die Gesprächspartner noch die Gäste gerechnet, wie zu hören war: Der kontrovers diskutierte Bau der Autobahn 39 war das bestimmende Thema. Der Dachverband „Keine A 39“ der Bürgerinitiativen gegen den Bau der Trasse hatte Direktkandidaten des Wahlkreises Uelzen-Celle zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Gekommen waren von den sieben angeschriebenen Politikern sechs – der Bewerber der freien Wähler, Klaus Prigge, hatte sich laut Veranstaltern auf Anfragen nicht gerührt und für Thomas Ehrhorn von der „Alternative für Deutschland“ (AfD) war Michael Recha gekommen.

Eine politische Diskussion zur Trasse der Bewerber untereinander und mit der Bevölkerung im Vorfeld der Bundestagswahl habe der Dachverband bezwecken wollen, fasste dessen Sprecherin Annette Niemann die Idee des Abends zusammen. Und diskutiert wurde – nicht nur unter den Kandidaten, sondern auch unter den gut 40 Gästen des Abends: Unter anderem als Kommunalpolitiker Claus-Dieter Reese über Gespräche berichtete, die er mit Bürgermeistern von Orten entlang der gebauten A 31 geführt habe. Darin habe er von positiven Effekten für das Emsland erfahren.

Der Christdemokrat erntete Klopfen und Widerspruch – der Großteil der Gäste, hatte eine klare Position zur geplanten A 39. Mit seinem Statement hatte Claus-Dieter Reese auf einen Vortrag von Wolfgang Schneider über von Trassenbefürwortern angeführte Gutachten reagiert, die belegen sollen, dass sich mit dem Bau automatisch Wirtschaftsansiedlungen ergeben. Sie taugten nicht zur Diskussion und sollten auch nicht mehr herangezogen werden, so Schneiders Fazit. Er blieb in Teilen unerhört – die Direktkandidaten argumentierten mit wissenschaftlichen Untersuchungen.

So zog Kirsten Lühmann (SPD) eine Diplomarbeit heran, aus der hervorgehe, dass sich ein Bau nicht grundsätzlich positiv auswirke. Sie setze daher auf die Ergebnisse der Bundesregierung zum Kosten-Nutzen-Verhältnis der A 39 und auf den Ausbau der B 4 als Alternative. „Erst wenn die Zahlen im nächsten Jahr vorliegen, kann gesagt werden, welche die bessere Lösung für unsere Region ist“.

Für Bernd Ebeling (Grüne) ist die Entscheidung schon gefallen: „Die Baukosten von 1,1 Milliarden Euro für die A 39 sind angesichts des Sanierungsstaus bei der Verkehrsinfrastruktur nicht zu stemmen. Gelder müssten vielmehr für die Sanierung von Kindergärten und für den ÖPNV bereitgestellt werden, damit die Region nicht ausblutet“. Der A-39-Bau verhindere genau das, sagte Henning Otte (CDU): „Die Wertschöpfung der Trasse liegt darin, dass Arbeitnehmer ohne Schwierigkeiten in die Zentren pendeln können.“ So würden mehr Menschen in den Kreis ziehen. Eine Argumentation, der Behiye Uca (Linke) nicht folgen wollte. „Wir wissen, dass wir durch den demografischen Wandel nicht mehr werden. Warum sollten wir also zur B 4 noch eine Autobahn bauen?“ Dass sich mit der A 39 eine Verbesserung für die Menschen und die Wirtschaft erreichen lasse, damit argumentierte Ralf Überheim (FDP). Michael Recha (AfD) hält es für nötig, das Thema A 39 in einen größeren Kontext zu stellen. Angesichts der Lebensumstände müssten sich die Menschen fragen, welche Verkehrswege sie lieber nutzen wollen und sich die Partei wählen, mit der sich ihr Anliegen realisieren lasse.

Diesbezüglich konnte Annette Niemann festhalten, dass – wenngleich der in der Sache keine neuen Argumente hervorgebracht wurden – zumindest deutlich wurde, wie die Politiker zum Bauvorhaben stehen. Dass die Direktkandidaten auf gestellte Fragen teils ausweichend antworteten, hatte schließlich Heike Fiedler umgetrieben. Ihr Ärger hatte auch noch einen anderen Grund: Vor zwei Wochen habe sie alle Direktkandidaten angeschrieben, um mit ihnen über mehr als nur die A 39 zu diskutieren – geantwortet habe noch keiner, sagte sie.

Von Norman Reuter

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