„In diesem Jahr gilt es“ sagen die Gegner der A39

Jembke Seit einem Jahr gibt es die Anti-A-39-Initiative im Boldecker Land. Zeit für einen Blick in den Rückspiegel – und einen nach vorne.

Von Erik Westermann

Noch endet die A39 kurz vor Tappenbeck.
Noch endet die A39 kurz vor Tappenbeck.
Foto: Westermann
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Es ist kein runder Geburtstag: Und doch sehen die Mitglieder der Bürgerinitiative gegen die A39 allen Grund zum Feiern. Vor rund einem Jahr gründete sich „Natürlich Boldecker Land“ – und seitdem habe sich einiges getan.

„Zu Beginn waren alle hier noch für die Autobahn“, erklärte etwa Karin Loock (52), eine der Gründerinnen, deren landwirtschaftliche Flächen von der Straße zerschnitten würden. Nun nicht mehr. In Jembke ist der Gemeinderat umgeschwenkt, in Tappenbeck könnte das auch passieren. Und die Bürger, so beobachten es die „Vernunftbürger“, wie sie sich selbst nennen, werden kritischer gegenüber dem Infrastrukturprojekt – je näher es heranrückt. Zeitlich wie räumlich.

Die Aktivisten bedienen die Klaviatur der Aufmerksamkeit: Im Internet wie in der physischen Welt. In Ratssitzungen tauchen die 20 Aktivisten oft auf – nicht immer zur Freude manches Lokalpolitikers. Ist doch der Tonfall, den sie anschlagen, durchaus scharf. Sie warteten mit Slogans wie „Wir werden beschissen“ nebst einer ausgestellter Kloschüssel auf, mit Info-Veranstaltungen, einem Besuch beim neuen Ministerpräsidenten oder Protestaktionen mit mehreren hundert Teilnehmern. Mitmischen im kleinteiligen Ringen um oder eher gegen den 110 Kilometer langen Lückenschluss der A39 zwischen Tappenbeck und Lüneburg.

Es ist eine heterogene Runde: da eine Autorin, ein ehemaliger VW-Mitarbeiter, Polizist, IT-Fachmann, Landwirtin. „Wir hätten ohne die Autobahn wohl nie zusammengefunden“, glaubt der Jembker Günter Lamprecht (59).

Ihr Schwerpunkt: der 13 Kilometer lange Abschnitt 7 der Strecke von Wolfsburg bis Ehra. Die meisten der Aktivisten stammen aus Jembke, Tappenbeck und angrenzenden Gemeinden – eine Initiative von mehreren, die sich entlang der Route gegründet haben. Eine feste Hierarchie existiere nicht. „Wir betrachten das als Marathonlauf, bei dem jeder mal vorne ist.“ Ihr Hauptziel: Die Bürger zu informieren – auf Augenhöhe. Denn dort sehen sie eines der größten Defizite des 1,1-Milliarden-Euro-Projekts.

50 Meter breit wird diese Straße, teils 10 Meter hoch. „Sie hat große Auswirkungen auf die Lebenswelt der Menschen“, erklärt der Bokensdorfer Norbert Schulze (47), als Grüner einer von zwei parteipolitisch Aktiven in der Gruppe. „Deshalb der Widerstand. Und die Politiker stellen sich dann nur einmal hin und schneiden das Band durch. Wir leben hier.“ Er würde statt der Straße lieber die Schiene und Wasserwege fördern – und wenn schon Straße, dann den Ausbau der Bundesstraßen. „Alle wollen wir Wohlstand – aber nicht so, dass die Umwelt geschädigt wird“, argumentiert Anne-Kathrin Schulze (48) aus Ehra. Oder die Menschen. Lamprecht konstatiert ein fehlendes Verkehrskonzept: „Es braucht Prophylaxe. Nicht die nachträgliche Behebung von Schäden.“ Abhilfe brächte die A39 da nicht.

Diese Interessen – und die Kosten – hätten für viele den Ausschlag gegeben, sich zu engagieren. „Viele Menschen lassen diese Dinge über sich ergehen. Wir machen das nicht“, sagte IT-Fachmann Schulze. In diesem Jahr gilt es: „Die Planfeststellung kommt. Und wir sind vorbereitet“, sagt Norbert Schulze. „Das Minimalziel“, sagt Lamprecht, ist die Verhinderung der Tank- und Rastanlage.

 

Gifhorner Rundschau, 10.04.13

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