Kommentar zu einem Beitrag in der Allgemeinen Zeitung Uelzen vom 9.2. beschädigte Strasse



Der Bau der A 39 ist "eine Frage des Vertrauens"? Das, Frau Bräutigam, ist ein sehr grober Unfug. Der Bau einer Autobahn ist eine Frage der Vernunft, vor allem eine Frage der wirtschaftlichen Vernunft. Wie aber sieht es mit der im Fall der A 39 aus? Miserabel: Ihre 105 km sollen bereits jetzt, Jahre bevor der erste Spatenstich erfolgen könnte, 1,1 Milliarden Euro kosten (am Ende, Sie können drauf wetten, werden's insgesamt zwischen 2,5 und 3 Milliarden sein); sie hat ganz offiziell, also von seiten ihrer Planer, das ungewöhnlich niedrige Kosten-Nutzen-Verhältnis (NKV) von 1,9 - damit steht sie ganz unten in der Wirtschaftlichkeitstabelle der im Bundesverkehrswegeplan gelisteten Neubauprojekte. Da im Bundesverkehrswegeplan nur Projekte mit einem NKV von über 3 aufgeführt werden sollten, hat sie dort nichts verloren. Folgt man der ökonomischen Vernunft, die ihre Befürworter so gerne predigen, darf sie angesichts der knappen für Verkehrsprojekte zur Verfügung stehenden Mittel nicht gebaut werden.

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Wie sieht es, Frau Bräutigam, mit ihren sonstigen Behauptungen aus? Nun, in etwa so wie mit der Wirtschaftlichkeit dieser Autobahn: Ihre Aussage, daß mit der Planfeststellung des nördlichsten und des südlichsten Bauabschnitts "der Bund das für den Bau dieser Teilstücke benötigte Geld zur Verfügung stellen" wird, ist falsch. Im bis 2015 gültigen Bundesverkehrswegeplan ist lediglich Geld für einen Bauabschnitt in Aussicht gestellt worden - für die Finanzierung eines zweiten gibt es keine Mittel. Auch Ihre Behauptung, dass, gesetzt den Fall, die A 39 würde nicht gebaut, "viel Geld für zwei zusammenhanglose Autobahn-Zipfel verpulvert worden wäre", ist, mit Verlaub, Unsinn. Die A 39 zwischen Hamburg und Lüneburg heißt erst seit Sommer 2010 "A 39" - bis dahin hieß sie A 250 und war eine Strecke, die lediglich Lüneburg mit Hamburg verbinden sollte. Sie wurde erst durch ihre Umbenennung in der Propaganda der Autobahnlobby zum "Zipfel", und Sie spielen dieses durchsichtige Spiel einfach mit.
Schließlich - und das ist der tiefste politische wie intellektuelle Tiefpunkt Ihres an Tiefpunkten reichen Kommentars - schreiben Sie, dass "für viele Unternehmer die Aussicht auf eine A 39 maßgeblich eine Entscheidung dafür (ist), dem Standort Uelzen treu zu bleiben". "Viele Unternehmer" haben Ihre Standortentscheidung über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren (vom Beginn der A-39-Planungen bis zur theoretischen Fertigstellung dieser Autobahn) getroffen? Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir wenigstens fünf von den vielen nennen würden, die bereits heute erklären, dass sie, im Falle die A 39 wird nicht gebaut, Uelzen, sagen wir: im Jahr 2030 verlassen werden. Das ist ein so offensichtlicher Humbug, dass ich es mit einem Hinweis auf den tatsächlichen Rückhalt der A-39-Propagandisten in der Wirtschaft der Region belassen möchte. Unter der Überschrift „Die Region steht hinter der A 39“ hat der Nordland-Autobahn-Verein, eine Organisation der Autobahnlobby innerhalb der Industrie- und Handelskammern (IHK), im Oktober 2011 das Ergebnis einer Unterschriftenaktion pro A 39 unter den IHK-Mitgliedern der Region bekanntgegeben. Das Ergebnis spricht Bände: Die IHK Lüneburg-Wolfsburg hat in der Region 60.000 Mitglieder (Unternehmer, Gewerbetreibende etc.). An sie alle erging der dringende Appell, das Autobahnvorhaben zu unterstützen. Von den 60.000 Unternehmen folgten lediglich 200 dem Aufruf ihrer Kammer – das sind 0,3 Prozent der IHK-Mitglieder. Davon stammen mehr als ein Drittel aus jener Branche, die wohl als einzige von einem Autobahnneubau profitieren würde: der Speditions- und (Straßen-)Baubranche. Gut 99 Prozent der Unternehmen der Region haben erst gar nicht oder negativ geantwortet; sie finden sich nicht auf der Liste der Autobahn-Propagandisten. Sie sind anderer Meinung, oder die Autobahn ist für ihre Geschäftstätigkeit irrelevant. Und für die wenigen Nutznießer dieses Unsinnsprojekts hauen Sie so auf die Pauke? Warum nur?

 

Autor: WoSch

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