Die A39 soll von Lüneburg nach Wolfsburg auch durch das Gemeindegebiet von Bienenbüttel gebaut werden. Die Bürgerinitiative „Hohnstorf 2011“ ist ein Teil des Widerstandes gegen diesen ökologischen und ökonomischen Irrsinn.
Gemeinsam mit dem Dachverband „KEINE! A39“ und »benachbarten« Bürgerinitiativen, Einzelpersonen und Verbänden kämpfen wir für Verkehr mit Sinn und Verstand.
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Warum denn lange um den heißen Brei herumreden - wenn die A39 gebaut wird, wird die B4 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Landesstraße herabgestuft werden. Dies entspricht einem Beschluß der Verkehrsministerkonferenz vom April 2009, demzufolge der Bund bis zu 20.000 km Bundesstraße (etwa die Hälfte des gesamten Bundesstraßenbestandes) an die Länder abgeben will. Vorrangiges Kriterium einer solchen Herabstufung ist die Fernverbindungsqualität der jeweiligen Bundesstraße, d.h.: Wird parallel zu ihr eine Autobahn gebaut, geht diese Qualität von der Bundesstraße auf die Autobahn über, mit der Folge, dass die Bundesstraße zur Landesstraße wird.
Das hat nicht nur, wie es in der AZ heißt, "mehr Arbeit" für das Land zur Folge, sondern vor allem mehr Kosten. Betrieb, Unterhaltung und Erhalt einer Bundesstraße, die im Zuge der Herabstufung ja nicht einfach verschwindet, kosten nach Angaben der Verkehrsministerkonferenz "im Durchschnitt 60.000 Euro pro Kilometer und Jahr" (Stand 2009) - das macht für die 35 km zwischen Lüneburg und Uelzen 2,1 Mio. Euro im Jahr, für die dann das Land aufkommen müsste. Dass man sich da bemüht, an anderer Stelle wenigstens einen kleinen Teil dieser Summe wieder hereinzubekommen, indem man Landesstraßen entwidmet und zu Kreisstraßen macht, für die dann der Landkreis zahlen müßte, ist verständlich, löst aber natürlich nicht das Problem.
Für die Region wie für die B4-Anwohner kommen, sollte die A39 tatsächlich gebaut und die B4 entsprechend herabgestuft werden, zwei weitere Probleme hinzu:
1. Landesstraßen können nicht bemautet werden; Maut ist nur auf Autobahnen und Bundesstraßen zulässig. Damit entfällt die Möglichkeit, den nach Fertigstellung der A39 nicht etwa abnehmenden, sondern weiter zunehmenden Schwerlastverkehr von der B4 herunter- und auf die Autobahn zu bekommen - für Mautflüchtlinge wäre eine entwidmete B4 geradezu eine Einladung.
2. Selbst die Planer der A39 gehen davon aus, dass sich die Verkehrsbelastung der B4 auch nach Fertigstellung der A39 nicht wesentlich verringern wird. Aus ihren Unterlagen (online bei der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr jederzeit einzusehen) geht hervor, dass auf der B4 im südlichen Teil der Lüneburger Umfahrung im Jahr 2005 pro Tag im Durchschnitt 32.800 Fahrzeuge gezählt wurden; für den Fall, daß die A39 gebaut wurde, rechnen die Planer an der gleichen Stelle im Jahr 2025 mit ca. 30.000 Fahrzeugen pro Tag, das wären nicht einmal 10 Prozent weniger als im Jahr 2005. Ungefähr zwei Drittel dieser Fahrzeuge, also ca. 20.000, passieren auch dann noch z.B. Melbeck, das zeigen die Zahlen des Bundesamts für Straßenwesen, das den Verkehr auf Autobahnen und Bundesstraßen alle fünf Jahre ermittelt. Dass die Planer davon ausgehen, dass ohne die Autobahn die Verkehrsbelastung auf der B4 noch höher wäre, versteht sich von selbst, ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Bau der A39 schon auf mittlere Sicht die B4-Anwohner, gemessen an der heutigen Situation, nicht spürbar entlasten würde. Im Gegenteil: Der heutige B4-Verkehr würde sich dann über eine Landesstraße schieben, die gewisse Erweiterungsmöglichkeiten schon wegen der knappen Landesmittel nicht mehr hat, über die eine vom Bund finanzierte Bundesstraße noch immer verfügen könnte.
Es gibt aus diesem Dilemma - Pläne des Bundes, im Zuge der A39-Fertigstellung die B4 zur Landesstraße herunterzustufen, auf der einen Seite, Notwendigkeit, die B4-Anwohner zu entlasten, auf der anderen Seite - nur einen Ausweg: Die B4 muß Bundesstraße bleiben, und sie muß nach dem 2+1-System der Uelzener Umgehung ausgebaut werden (mit den nötigen Ortsumfahrungen und Lärmschutzmaßnahmen, die es, ist die B4 erstmal Landesstraße, nicht mehr wird geben können). Um aber diese Möglichkeit überhaupt zu haben, muss der Ausbau der B4 unbedingt noch nachträglich in die Landesliste für den neuen Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden - ganz unabhängig davon, ob die A39 dort ebenfalls aufgeführt wird oder nicht. Wird diese Option dort nicht fixiert, sieht es für die Anwohner der heutigen B4 bis zum Jahr 2030 finster aus (solange etwa gilt der neue Bundesverkehrswegeplan, der im Jahr 2014 erstellt und 2015 Gesetz werden wird).
Fazit: Sowohl die Pläne der Bundesregierung, die B4 zwischen Lüneburg und Uelzen zu einer Landesstraße herabzustufen, als auch die durch einen Bau der A39 nicht spürbar abnehmende Verkehrsbelastung auf der B4 machen es nötig, die B4 als Bundesstraße zu erhalten und zum Nutzen der Vekehrsströme wie der Anwohner zu ertüchtigen. Beides sollte dazu führen, einen Ausbau der B4 nach dem Schema 2+1 möglichst rasch für den Bundesverkehrswegeplan nachzumelden.
Leserbrief von Wolfgang Schneider zur AZ Podiumsdiskussion vor der Landtagswahl:
Die AZ-Podiumsdiskussion der Landtagskandidaten war eine sehr lehrreiche Veranstaltung. Sie hat deutlich gemacht, zu welchen Mitteln Politiker greifen, um bei der Wählerschaft von ihnen propagierte Projekte durchzudrücken. Ich beziehe mich auf das Beispiel A 39, das für unsere Region und daher auch in der AZ-Debatte wichtigste Thema, und ich beschränke mich auf den Auftritt des Landtagskandidaten der CDU. Gefragt nach wissenschaftlich-empirischen Belegen für seine Behauptung, die A 39 werde für Wohlstand und wirtschaftlichen Aufschwung in der Region sorgen, verwies Jörg Hillmer auf ein Gutachten, das an der Universität Münster über die wirtschaftlichen Auswirkungen der A 31 (Emslandautobahn) erstellt worden sei; es habe zum Ergebnis, dass der Bau dieser Autobahn der dortigen Region einen Nettogewinn von 500 Millionen Euro gebracht habe.
Ich habe, als „Faktencheck" gewissermaßen, einen ganzen Tag damit zugebracht, das von Jörg Hillmer zur Begründung des A-39-„Lückenschlusses" genannte Gutachten zu recherchieren. Um's kurz zu machen: Ein solches Gutachten gibt es nicht. Was es gibt, ist eine gutachterliche Prognose aus dem Jahr 2001, in dem ein gewisser Hendrik Haßheider im Auftrag der niederländischen und deutschen Industrie- und Handelskammern die Effekte prognostiziert hat, die ein „Lückenschluss" (so hieß das auch damals), also der Bau der letzten 40 km der A 31, für die dortige Grenzregion hätte. Dieses „Gutachten", veröffentlicht als ein Artikel von 3 oder 4 Seiten Länge in der Zeitschrift „Internationales Verkehrswesen", kommt zu dem Ergebnis, dass die Fertigstellung der Autobahn der dortigen Region 500 Millionen DM (nicht etwa Euro!) bringen würde. Daraufhin verabredeten der Bund, das Land Niedersachsen, die Kommunen und die IHK-Unternehmen eine gemeinsame Finanzierung dieses Teilstücks, weil der Bund nicht bereit war, die Kosten allein zu tragen – obwohl das errechnete Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) bei über acht lag. Die angenommenen Gesamtkosten von 420 Mio. DM wurden wie folgt aufgeteilt: Die Region übernahm 105 Mio., das Land 120 Mio. und der Bund 195 Mio. Die A31 wurde im Dezember 2004 fertiggestellt, fast vier Jahre nach dem Haßheider-„Gutachten". Eine wissenschaftliche Untersuchung ihrer tatsächlichen Effekte gibt es nicht – in einem „Spiegel"-Artikel über die Geldverschwendung bei Straßenbauprojekten (Nr. 48/2011) wird die A 31 als „Flop" bezeichnet.
Jörg Hillmer hat also getäuscht, getrickst und die Unwahrheit gesagt – in mindestens drei Punkten: 1: Seine Aussage, es gebe ein wissenschaftliches Gutachten, das die positiven Effekte der A 31 belegt, ist falsch – es gibt lediglich eine durch die Interessen der Auftraggeber geleitete und vier Jahre vor Fertigstellung der Autobahn verfasste Prognose. Der Verfasser dieser Prognose arbeitet mittlerweile übrigens für das Bundesverkehrsministerium und beschäftigt sich dort mit der Bewertungsmethode des Bundesverkehrswegeplans. 2: Der sogenannte „Lückenschluss" der A 31, auf den sich das alles bezieht, hatte ein errechnetes NKV von über acht – also mehr als das Vierfache des offiziellen NKVs der A 39, das bei nur 1,9 liegt – das macht Hillmers Wirtschaftlichkeitsvergleich vollends irrsinnig. 3. Gebaut wurde damals nur, weil Land und Region (Kommunen und Unternehmen) sich an der Finanzierung beteiligten. Bezogen auf die heutigen Gegebenheiten bei der A 39 hieße das, dass das Land Niedersachsen mindestens 300 Mio. Euro und der Landkreis Uelzen ungefähr 150 Mio. Euro für den Bau der A 39 berappen müssten. Hätte Jörg Hillmer so etwas vorgeschlagen (und wäre er ehrlich gewesen, hätte er's tun müssen), wäre er weg vom Fenster und die A 39 kein Thema mehr.
Dieser Vorgang macht das Dilemma der Autobahnlobby überdeutlich: Sie haben keine Argumente, also müssen sie lügen. So offensiv (und vor Publikum!), wie Jörg Hillmer das bei der AZ-Podiumsdiskussion getan hat, hat es bislang aber wohl kaum jemand fertiggekriegt.
Es wird einen Machtwechsel in Niedersachsen geben und damit auch die Chance auf eine neue, bessere Verkehrspolitik. Die BI Hohnstorf gratuliert SPD und Grünen zu ihrem Erfolg. Besonders freut es die Wähler in Hohnstorf, dass mit dem grünen Politiker Heiner Scholing ein Bürger aus ihren Reihen in den niedersächsischen Landtag einziehen wird.
Als BI Hohnstorf 2011 erhoffen wir uns von der zukünftigen rot-grünen Regierung, dass sie die Anliegen der Bürger ernst nimmt und sich Sachargumenten nicht verschließt. Im Fall der A 39 bedeutet dies: Die zukünftige Landesregierung sollte sich der Tatsache stellen, dass das Nutzen-Kosten-Verhältnis der geplanten Autobahn zwischen Lüneburg und Braunschweig mit 1,9 so schlecht ist, dass der Bau einer Verschwendung von Steuergeldern gleichkäme. Zudem würde die Autobahn die Umwelt über Gebühr belasten und bäuerliche Existenzen gefährden. Es gibt Alternativen.
Wir vertrauen darauf, dass die Grünen zu ihren Zusagen stehen und in den Koalitionsverhandlungen einen Stopp der Autobahnplanung durchsetzen. Niedersachsen braucht eine moderne Verkehrspolitik, die auf den öffentlichen Nahverkehr und die Ertüchtigung der vorhandenen Verkehrswege setzt. Auch hoffen wir, dass die neuen Regierung ein Stück Demokratie wagt und auf Landesebene das Informationsfreiheitsgesetz verwirklicht. Denn wer engagierte Bürger will, sollte ihnen auch die Möglichkeit geben, Verwaltungshandeln nachzuvollziehen. All das scheint nun eher möglich als unter der schwarz-gelben Regierung, und deshalb freuen wir uns als Bürgerinitiative mit SPD und Grünen über den Ausgang der Wahl.