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Hier findest Du alle Beiträge rund um die Planung zum Bau der A39. Die Beiträge sind kalendarisch sortiert.
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Viele Autobahngegner haben große Erwartungen in die zukünftige rot-grüne Regierung in Hannover gesetzt - und sind enttäuscht, dass die Planungen für die A 39 und A 20 weitergehen. Auch wir hatten uns mehr erhofft. Wir hatten erwartet, dass das, was die Koalitionäre als Ziele ihrer Verkehrspolitik formulieren, konkret zu einem Stopp der Autobahnprojekte führt. Das ist nicht der Fall. Für uns heißt das weitermachen. Wir werden die rot-grüne Koalition immer wieder an die im Koalitionsvertrag formulierten Ziele wie "Nachhaltigkeit" und "Erhalt vor Neubau" erinnern und messen.Wir als BI werden nicht nachlassen, uns für Vernunft, Wirtschaftlicheit und Nachhaltigkeit in der Verkehrspolitik einzusetzten und das heißt, gegen die A 39 zu kämpfen.
Hier zum Nachlesen die Koalitionsvereinbarungen zum
allgemeinen Verkehr und zum Strassenbau:
Verkehr - Zukunftsfähige Mobilität für alle in Niedersachsen
Viele Verkehrs-Großprojekte in Niedersachsen sind über ihre Ankündigung, Teilplanungen oder inzwischen völlig unrealistische Kostenkalkulationen hinaus in den vergangenen zehn Jahren nicht vorangekommen. Niedersachsen braucht einen Neuanfang. Denn auch vor dem Hintergrund einer maßlosen Überzeichnung der Mittel im Bundesverkehrswegeplan mit einer Vielzahl von Verkehrsprojekten ist eine reine Fortschreibung nicht sinnvoll. Die Verkehrspolitik muss unter den Gesichtspunkten von Vernetzung und Nachhaltigkeit überprüft werden.
Die Infrastrukturpolitik braucht zunächst auch auf Bundesebene ein neues Grundkonzept für die Bundesdesverkehrswegeplanung 2015. Eine reine Fortschreibung des derzeit geltenden Bundesverkehrswegeplans von 2003 wird wegen immer enger werdender finanzieller Spielräume einer bedarfsgerechten Schwerpunktsetzung nicht gerecht.
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Kommentar zu einem Beitrag in der Allgemeinen Zeitung Uelzen vom 9.2.
Der Bau der A 39 ist "eine Frage des Vertrauens"? Das, Frau Bräutigam, ist ein sehr grober Unfug. Der Bau einer Autobahn ist eine Frage der Vernunft, vor allem eine Frage der wirtschaftlichen Vernunft. Wie aber sieht es mit der im Fall der A 39 aus? Miserabel: Ihre 105 km sollen bereits jetzt, Jahre bevor der erste Spatenstich erfolgen könnte, 1,1 Milliarden Euro kosten (am Ende, Sie können drauf wetten, werden's insgesamt zwischen 2,5 und 3 Milliarden sein); sie hat ganz offiziell, also von seiten ihrer Planer, das ungewöhnlich niedrige Kosten-Nutzen-Verhältnis (NKV) von 1,9 - damit steht sie ganz unten in der Wirtschaftlichkeitstabelle der im Bundesverkehrswegeplan gelisteten Neubauprojekte. Da im Bundesverkehrswegeplan nur Projekte mit einem NKV von über 3 aufgeführt werden sollten, hat sie dort nichts verloren. Folgt man der ökonomischen Vernunft, die ihre Befürworter so gerne predigen, darf sie angesichts der knappen für Verkehrsprojekte zur Verfügung stehenden Mittel nicht gebaut werden.
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Wenn diese Vorgaben wirklich und konsequent angewendet werden, dann wird eine A39 nicht gebaut werden. Insofern sollten auch keine Steuergelder mehr für weitere Planungen verschwendet werden.
Dazu die Pressemitteilung des Bundesverkehrsministerium vom vergangenen Freitag:
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Im Landtag in Hannover laufen derzeit die Koaltionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen. Eine Delegation aller Bürgerinitiativen im Dachverband Keine A39 traf sich mit der Rot/Grünen Verhandlungskommission, um dieser ein Memorandum mit den wichtigsten Punkten die gegen Planung und Bau der A39 sprechen, zu übergeben.
Die Pressemitteilung des Dachverbandes Keine A39 finden Sie unten.
Das Memorandum finden Sie unter folgendem Link Memorandum an Verhandlungskommssion SPD Grüne, bzw. in unserem Download-Bereich auf www.hohnstorf-2011.
Auf dem Link Fotos oder der Seite "Bilder" auf www.hohnstorf-2011.de finden Sie ebenfalls eine kleine Bildergalerie vom Besuch der Delegation in Hannover.
Auch im YouTube Kanal von Hohnstorf 2011 (siehe YouTube Button auf der linken Seite der Webseite) sowie auf dem Kanal des Dachverbands können Sie sich das Memorandum anhören und einige Impressionen der Übergabe ansehen
Pressemitteilung des Dachverbandes „Keine A39“
Zankapfel Autobahn
A39-Gegner übergeben der rot-grünen Verhandlungsdelegation ein Memorandum
Es werde „strikt nach Faktenlage und sachlichen Gesichtspunkten“ entschieden. Das versprach der SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil am Rande der Koalitionsverhandlungen einer Abordnung von Bürgerinitiativen. Annette Niemann, Sprecherin des Dachverbandes „KEINE A39“, überreicht den Verhandlungsführern, dem designierten Ministerpräsidenten Weil und dem Grünen Landesvorstand Jan Haude, ein Memorandum mit Argumenten gegen den geplanten Bau der A39. Etwa 50 Vertreter verschiedener Bürgerinitiativen waren gekommen, um mit Plakaten und Transparenten ihren Bedenken Nachdruck zu verleihen.
Sie lehnen die Autobahn ab, weil sie Umwelt zerstört, den Tourismus beeinträchtigen könnte und landwirtschaftliche Existenzen gefährdet. Die geplante Autobahn ist vor allem aber unter ökonomischen und verkehrspolitischen Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen. Darauf stellte das dreiseitige Memorandum des Dachverbandes ab. Im Mittelpunkt der Beurteilung jeder Infrastrukturinvestition steht das Nutzen-Kosten-Verhältnis. Mit dem ungewöhnlich niedrigen Wert von 1,9 ist die A39 eines der unwirtschaftlichsten Straßenneubauprojekte im Bundesverkehrswegeplan. Noch im Herbst 2012 haben 25 Wirtschaftsverbände an die Politik appelliert, öffentliche Gelder nur nach Wirtschaftlichkeit und nicht nach regionalem Proporz einzusetzen.
Auch spielt die A39 für den von Brüssel betriebenen Ausbau der Transeuropäischen Netze (TEN) keine Rolle. Sie wird, anders als andere Neubauprojekte, mit EU-Geldern nicht gefördert werden. Um die Entwicklung der Region voranzutreiben, wäre es dagegen wichtig, den Ausbau der B4 zu forcieren und diesen schnellstmöglich für den Bundesverkehrswegeplan 2015 nachzumelden.
Sollte sich Stephan Weil an sein Versprechen halten und sich der Koalitionsvertrag der zukünftigen niedersächsischen Regierung tatsächlich an Sachargumenten orientieren, müsste die Planung für die A39 sofort gestoppt werden.
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Autobahngegner machen Druck auf angehende Koalitionäre / Tanke: „Stillschweigen“
bo Isenhagener Land. Die Autobahngegner wittern in der A 39-Diskussion Morgenluft.
Die aktuellen Koalitionsverhandlungen in der Landespolitik begleiten sie mit einer Fülle von Stellungnahmen – was wohl auch einen gewissen Druck auf Rot und Grün, die sich zu Rot-Grün zusammenschließen wollen, ausüben soll.
UVN-Hauptgeschäftsführer Volker Müller hatte die Sorge geäußert, dass der Autobahn-Bau bei den Koalitionsgesprächen „unter die Räder“ kommen könne. Die Grünen bezeichnete er in diesem Zusammenhang als „Bremser“.
Neben dem LBU hat sich auch der BUND mit Blick auf die neue politische Konstellation in Hannover deutlich positioniert: Als wichtigstes Anliegen sieht die BUND-Kreisgruppe Gifhorn die Aussetzung des Planverfahrens für den Bau der A39 von Wolfsburg nach Lüneburg.
Der künftig einzige SPD-Abgeordnete aus dem Kreis Gifhorn, Detlef Tanke, gab gestern auf IK-Anfrage keinen echten Einblick in das Vorgehen seiner Partei bei der A-Frage im Zuge der Koalitionsverhandlungen: „Wir haben Stillschweigen vereinbart.“ Er selbst sei nicht in die Gespräche zur Verkehrspolitik eingebunden. Bei der A 39 hätten beide Parteien „sicherlich einen Dissens. Aber wenn man Rot-Grün will, findet man auch Kompromisse.“
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Die Bundesregierung muß im Haushalt 2014 ein sechs Milliarden Euro Loch schließen. Dies trifft laut der Tageszeitung "Süddeutsche" zwar vorrangig den Wehretat, dieser wird aber dicht gefolgt vom Verkehrsetat, der mit 22% betroffen ist:
Regierung plant Milliarden-Kürzungen im Wehretat
Sechs Milliarden Euro muss die Bundesregierung im Haushalt 2014 sparen. Alle 15 Ressorts sollen einen Beitrag leisten, doch freiwillig sparen die Minister nicht genug. Deshalb soll der "Afghanistan-Schlüssel" greifen. Damit kommen die größten Einschnitte auf Verteidigungsminister de Maizière zu.
Die Bundesregierung will das Sechs-Milliarden-Euro-Loch in der Haushaltsplanung für 2014 durch Sparbeiträge aller 15 Einzelressorts schließen. Die größten Einschnitte kommen dabei nach Informationen der Süddeutschen Zeitung auf Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zu, die insgesamt knapp 3,3 Milliarden Euro beisteuern sollen. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die den mit Abstand größten Einzeletat verwaltet, soll hingegen auf einen Beitrag von gerade einmal 64 Millionen Euro verzichten.
Die Einsparungen sind nötig, weil die Regierung im Juni einen Budgetentwurf für 2014 vorlegen will, der - bei Herausrechnung konjunkturbedingter Schwankungen - ohne Neuverschuldung auskommt. In Regierungskreisen hieß es, das Finanzministerium wolle bei der Haushaltsklausur, die für nächste Woche Donnerstag anberaumt ist, zunächst noch einmal um freiwillige Sparbeiträge der Ressorts bitten.
Da man aber davon ausgehen müsse, dass auf diesem Wege keine nennenswerte Summe zusammenkomme, werde man wohl auf "Plan B", den sogenannten Afghanistan-Schlüssel, zurückgreifen müssen. Er war vor einigen Jahren geschaffen worden, um mögliche Mehrkosten des Bundeswehreinsatzes in dem asiatischen Land gleichmäßig auf alle Ministerien zu verteilen.
Der Schlüssel spiegelt nicht die absoluten Größe der Einzelhaushalte wider, sondern die Summe der jeweils frei verfügbaren Mittel. Deshalb sind vor allem die großen Investitionsetats betroffen. Von der Leyen hingegen gibt ihre Haushaltsmittel im Volumen von fast 120 Milliarden Euro beinahe vollständig für Leistungen wie die Rente und Hartz IV aus. Wollte die Regierung hier kürzen und das Sozialressort gemäß seines absoluten Ausgabenanteils von knapp 40 Prozent an den Einsparungen beteiligen, müsste sie Gesetze ändern. Das jedoch erscheint angesichts der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat illusorisch.
Für den Fall, dass es zu große Widerstände etwa de Maizières geben sollte, wird in der Koalition auch erwogen, die Zuschüsse des Bundes an die Sozialversicherungen zu kürzen. In Frage kommen der Gesundheitsfonds und die Rentenversicherung. Die Begehrlichkeiten wurden geweckt, weil die Sozialkassen Reserven von mindestens 56 Milliarden Euro aufgebaut haben. Gründe dafür sind der Beschäftigungsrekord und die Lohnsteigerungen der vergangenen Jahre.
Allein das Polster der Rentenversicherung betrug Ende 2012 etwa 29,4 Milliarden Euro, die Bundesagentur für Arbeit kam auf 2,6 Milliarden Euro. Im Gesundheitssystem sammelten sich etwa 25 Milliarden Euro an, selbst die Pflegekasse erzielte geringe Überschüsse. Schon 2013 wird das Plus in den Sozialkassen aber sinken, weil der Bund den Zuschuss an den Gesundheitsfonds bereits deutlich gekürzt hat, genau wie den Rentenbeitragssatz.
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Leserbrief von Wolfgang Schneider an die AZ:
Warum denn lange um den heißen Brei herumreden - wenn die A39 gebaut wird, wird die B4 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Landesstraße herabgestuft werden. Dies entspricht einem Beschluß der Verkehrsministerkonferenz vom April 2009, demzufolge der Bund bis zu 20.000 km Bundesstraße (etwa die Hälfte des gesamten Bundesstraßenbestandes) an die Länder abgeben will. Vorrangiges Kriterium einer solchen Herabstufung ist die Fernverbindungsqualität der jeweiligen Bundesstraße, d.h.: Wird parallel zu ihr eine Autobahn gebaut, geht diese Qualität von der Bundesstraße auf die Autobahn über, mit der Folge, dass die Bundesstraße zur Landesstraße wird.
Das hat nicht nur, wie es in der AZ heißt, "mehr Arbeit" für das Land zur Folge, sondern vor allem mehr Kosten. Betrieb, Unterhaltung und Erhalt einer Bundesstraße, die im Zuge der Herabstufung ja nicht einfach verschwindet, kosten nach Angaben der Verkehrsministerkonferenz "im Durchschnitt 60.000 Euro pro Kilometer und Jahr" (Stand 2009) - das macht für die 35 km zwischen Lüneburg und Uelzen 2,1 Mio. Euro im Jahr, für die dann das Land aufkommen müsste. Dass man sich da bemüht, an anderer Stelle wenigstens einen kleinen Teil dieser Summe wieder hereinzubekommen, indem man Landesstraßen entwidmet und zu Kreisstraßen macht, für die dann der Landkreis zahlen müßte, ist verständlich, löst aber natürlich nicht das Problem.
Für die Region wie für die B4-Anwohner kommen, sollte die A39 tatsächlich gebaut und die B4 entsprechend herabgestuft werden, zwei weitere Probleme hinzu:
1. Landesstraßen können nicht bemautet werden; Maut ist nur auf Autobahnen und Bundesstraßen zulässig. Damit entfällt die Möglichkeit, den nach Fertigstellung der A39 nicht etwa abnehmenden, sondern weiter zunehmenden Schwerlastverkehr von der B4 herunter- und auf die Autobahn zu bekommen - für Mautflüchtlinge wäre eine entwidmete B4 geradezu eine Einladung.
2. Selbst die Planer der A39 gehen davon aus, dass sich die Verkehrsbelastung der B4 auch nach Fertigstellung der A39 nicht wesentlich verringern wird. Aus ihren Unterlagen (online bei der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr jederzeit einzusehen) geht hervor, dass auf der B4 im südlichen Teil der Lüneburger Umfahrung im Jahr 2005 pro Tag im Durchschnitt 32.800 Fahrzeuge gezählt wurden; für den Fall, daß die A39 gebaut wurde, rechnen die Planer an der gleichen Stelle im Jahr 2025 mit ca. 30.000 Fahrzeugen pro Tag, das wären nicht einmal 10 Prozent weniger als im Jahr 2005. Ungefähr zwei Drittel dieser Fahrzeuge, also ca. 20.000, passieren auch dann noch z.B. Melbeck, das zeigen die Zahlen des Bundesamts für Straßenwesen, das den Verkehr auf Autobahnen und Bundesstraßen alle fünf Jahre ermittelt. Dass die Planer davon ausgehen, dass ohne die Autobahn die Verkehrsbelastung auf der B4 noch höher wäre, versteht sich von selbst, ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Bau der A39 schon auf mittlere Sicht die B4-Anwohner, gemessen an der heutigen Situation, nicht spürbar entlasten würde. Im Gegenteil: Der heutige B4-Verkehr würde sich dann über eine Landesstraße schieben, die gewisse Erweiterungsmöglichkeiten schon wegen der knappen Landesmittel nicht mehr hat, über die eine vom Bund finanzierte Bundesstraße noch immer verfügen könnte.
Es gibt aus diesem Dilemma - Pläne des Bundes, im Zuge der A39-Fertigstellung die B4 zur Landesstraße herunterzustufen, auf der einen Seite, Notwendigkeit, die B4-Anwohner zu entlasten, auf der anderen Seite - nur einen Ausweg: Die B4 muß Bundesstraße bleiben, und sie muß nach dem 2+1-System der Uelzener Umgehung ausgebaut werden (mit den nötigen Ortsumfahrungen und Lärmschutzmaßnahmen, die es, ist die B4 erstmal Landesstraße, nicht mehr wird geben können). Um aber diese Möglichkeit überhaupt zu haben, muss der Ausbau der B4 unbedingt noch nachträglich in die Landesliste für den neuen Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden - ganz unabhängig davon, ob die A39 dort ebenfalls aufgeführt wird oder nicht. Wird diese Option dort nicht fixiert, sieht es für die Anwohner der heutigen B4 bis zum Jahr 2030 finster aus (solange etwa gilt der neue Bundesverkehrswegeplan, der im Jahr 2014 erstellt und 2015 Gesetz werden wird).
Fazit: Sowohl die Pläne der Bundesregierung, die B4 zwischen Lüneburg und Uelzen zu einer Landesstraße herabzustufen, als auch die durch einen Bau der A39 nicht spürbar abnehmende Verkehrsbelastung auf der B4 machen es nötig, die B4 als Bundesstraße zu erhalten und zum Nutzen der Vekehrsströme wie der Anwohner zu ertüchtigen. Beides sollte dazu führen, einen Ausbau der B4 nach dem Schema 2+1 möglichst rasch für den Bundesverkehrswegeplan nachzumelden.
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Leserbrief von Wolfgang Schneider zur AZ Podiumsdiskussion vor der Landtagswahl:
Die AZ-Podiumsdiskussion der Landtagskandidaten war eine sehr lehrreiche Veranstaltung. Sie hat deutlich gemacht, zu welchen Mitteln Politiker greifen, um bei der Wählerschaft von ihnen propagierte Projekte durchzudrücken. Ich beziehe mich auf das Beispiel A 39, das für unsere Region und daher auch in der AZ-Debatte wichtigste Thema, und ich beschränke mich auf den Auftritt des Landtagskandidaten der CDU. Gefragt nach wissenschaftlich-empirischen Belegen für seine Behauptung, die A 39 werde für Wohlstand und wirtschaftlichen Aufschwung in der Region sorgen, verwies Jörg Hillmer auf ein Gutachten, das an der Universität Münster über die wirtschaftlichen Auswirkungen der A 31 (Emslandautobahn) erstellt worden sei; es habe zum Ergebnis, dass der Bau dieser Autobahn der dortigen Region einen Nettogewinn von 500 Millionen Euro gebracht habe.
Ich habe, als „Faktencheck" gewissermaßen, einen ganzen Tag damit zugebracht, das von Jörg Hillmer zur Begründung des A-39-„Lückenschlusses" genannte Gutachten zu recherchieren. Um's kurz zu machen: Ein solches Gutachten gibt es nicht. Was es gibt, ist eine gutachterliche Prognose aus dem Jahr 2001, in dem ein gewisser Hendrik Haßheider im Auftrag der niederländischen und deutschen Industrie- und Handelskammern die Effekte prognostiziert hat, die ein „Lückenschluss" (so hieß das auch damals), also der Bau der letzten 40 km der A 31, für die dortige Grenzregion hätte. Dieses „Gutachten", veröffentlicht als ein Artikel von 3 oder 4 Seiten Länge in der Zeitschrift „Internationales Verkehrswesen", kommt zu dem Ergebnis, dass die Fertigstellung der Autobahn der dortigen Region 500 Millionen DM (nicht etwa Euro!) bringen würde. Daraufhin verabredeten der Bund, das Land Niedersachsen, die Kommunen und die IHK-Unternehmen eine gemeinsame Finanzierung dieses Teilstücks, weil der Bund nicht bereit war, die Kosten allein zu tragen – obwohl das errechnete Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) bei über acht lag. Die angenommenen Gesamtkosten von 420 Mio. DM wurden wie folgt aufgeteilt: Die Region übernahm 105 Mio., das Land 120 Mio. und der Bund 195 Mio. Die A31 wurde im Dezember 2004 fertiggestellt, fast vier Jahre nach dem Haßheider-„Gutachten". Eine wissenschaftliche Untersuchung ihrer tatsächlichen Effekte gibt es nicht – in einem „Spiegel"-Artikel über die Geldverschwendung bei Straßenbauprojekten (Nr. 48/2011) wird die A 31 als „Flop" bezeichnet.
Jörg Hillmer hat also getäuscht, getrickst und die Unwahrheit gesagt – in mindestens drei Punkten:
1: Seine Aussage, es gebe ein wissenschaftliches Gutachten, das die positiven Effekte der A 31 belegt, ist falsch – es gibt lediglich eine durch die Interessen der Auftraggeber geleitete und vier Jahre vor Fertigstellung der Autobahn verfasste Prognose. Der Verfasser dieser Prognose arbeitet mittlerweile übrigens für das Bundesverkehrsministerium und beschäftigt sich dort mit der Bewertungsmethode des Bundesverkehrswegeplans.
2: Der sogenannte „Lückenschluss" der A 31, auf den sich das alles bezieht, hatte ein errechnetes NKV von über acht – also mehr als das Vierfache des offiziellen NKVs der A 39, das bei nur 1,9 liegt – das macht Hillmers Wirtschaftlichkeitsvergleich vollends irrsinnig.
3. Gebaut wurde damals nur, weil Land und Region (Kommunen und Unternehmen) sich an der Finanzierung beteiligten. Bezogen auf die heutigen Gegebenheiten bei der A 39 hieße das, dass das Land Niedersachsen mindestens 300 Mio. Euro und der Landkreis Uelzen ungefähr 150 Mio. Euro für den Bau der A 39 berappen müssten. Hätte Jörg Hillmer so etwas vorgeschlagen (und wäre er ehrlich gewesen, hätte er's tun müssen), wäre er weg vom Fenster und die A 39 kein Thema mehr.
Dieser Vorgang macht das Dilemma der Autobahnlobby überdeutlich: Sie haben keine Argumente, also müssen sie lügen. So offensiv (und vor Publikum!), wie Jörg Hillmer das bei der AZ-Podiumsdiskussion getan hat, hat es bislang aber wohl kaum jemand fertiggekriegt.
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Es wird einen Machtwechsel in Niedersachsen geben und damit auch die Chance auf eine neue, bessere Verkehrspolitik. Die BI Hohnstorf gratuliert SPD und Grünen zu ihrem Erfolg. Besonders freut es die Wähler in Hohnstorf, dass mit dem grünen Politiker Heiner Scholing ein Bürger aus ihren Reihen in den niedersächsischen Landtag einziehen wird.
Als BI Hohnstorf 2011 erhoffen wir uns von der zukünftigen rot-grünen Regierung, dass sie die Anliegen der Bürger ernst nimmt und sich Sachargumenten nicht verschließt. Im Fall der A 39 bedeutet dies: Die zukünftige Landesregierung sollte sich der Tatsache stellen, dass das Nutzen-Kosten-Verhältnis der geplanten Autobahn zwischen Lüneburg und Braunschweig mit 1,9 so schlecht ist, dass der Bau einer Verschwendung von Steuergeldern gleichkäme. Zudem würde die Autobahn die Umwelt über Gebühr belasten und bäuerliche Existenzen gefährden. Es gibt Alternativen.
Wir vertrauen darauf, dass die Grünen zu ihren Zusagen stehen und in den Koalitionsverhandlungen einen Stopp der Autobahnplanung durchsetzen. Niedersachsen braucht eine moderne Verkehrspolitik, die auf den öffentlichen Nahverkehr und die Ertüchtigung der vorhandenen Verkehrswege setzt. Auch hoffen wir, dass die neuen Regierung ein Stück Demokratie wagt und auf Landesebene das Informationsfreiheitsgesetz verwirklicht. Denn wer engagierte Bürger will, sollte ihnen auch die Möglichkeit geben, Verwaltungshandeln nachzuvollziehen. All das scheint nun eher möglich als unter der schwarz-gelben Regierung, und deshalb freuen wir uns als Bürgerinitiative mit SPD und Grünen über den Ausgang der Wahl.